Fachthema

Ermittlung der Tragfähigket von Dübeln im Mauerwerk durch Versuche am Bauwerk

Dipl.-Ing. (FH) Eckehard Scheller, Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V.

Dr. Jürgen Küenzlen, Adolf Würth GmbH & Co. KG, Künzelsau

1. Ermittlung der Tragfähigkeit von Kunststoffdübeln

1.1 Einleitung

Im Bereich der Dübeltechnik gehören Beton und Mauerwerk zu den wichtigsten Verankerungsgründen. Für den Verankerungsgrund Beton liegt das Wissen jahrzehntelanger Grundlagenforschung und umfangreiche Erfahrungen vor, welche Parameter die Tragfähigkeit von Dübelsystemen maßgebend beeinflussen. In der Regel ist es in den meisten Fällen ausreichend, die Druckfestigkeit des auf der Baustelle vorhandenen Betons entweder aus (Bau-) Unterlagen heraus zu lesen oder vor Ort durch die Entnahme von Bohrkernen zu bestimmen. Mittels der entnommenen Bohrkerne kann die Betondruckfestigkeit und die zugehörige Rohdichte bestimmt werden. Liegen diese Eckdaten im Bereich der entsprechenden Zulassungen der Dübelsysteme, können die gewählten Dübel auf Grundlage der Zulassung und den vorhandenen Bemessungsverfahren geplant und montiert werden – ohne zusätzliche Versuche am Objekt selbst.

Für den Verankerungsgrund Mauerwerk ist diese vergleichsweise einfache Vorgehensweise in der Regel nicht möglich. Alleine in Deutschland kann man auf Baustellen im Bestand auf eine große Vielzahl an Mauersteinen aus den unterschiedlichsten Materialien treffen. Durch stetig neue Entwicklungen (Stichwort „Energieeinsparung“) erhöht sich im Neubaubereich die Vielfalt der vorhandenen Steine in einem rasanten Tempo. Dabei unterscheiden sich die Mauersteine neben der Struktur, (Vollsteine, Lochsteine mit oder ohne Dämmstoff-Füllung, Größe bzw. Format) auch durch das Material (Ziegel, Porenbeton, Kalksandstein, Leichtbeton oder Normalbeton) sowie vor allem durch die Rohdichte und die Druckfestigkeit.

Diese Parameter haben in den meisten Fällen gravierende Einflüsse auf die Tragfähigkeit von Kunststoffdübeln. Dennoch wird es im Rahmen von Zulassungsverfahren dieser Befestigungssysteme (Kunststoffdübelhülse mit zugehöriger Spezialschraube) immer nur möglich sein, einen kleinen Teil der Mauersteine als Verankerungsgrund abzubilden. Alle am Bau Beteiligten (Bauaufsicht, Forschung, Planer, Bauleitung, Bauausführende, Prüfer, Mauerstein- und Dübel-Hersteller) müssen sich daher gemeinsam der anspruchsvollen Aufgabe stellen, baupraktische Wege zu finden, wie auch zukünftig bauaufsichtlich relevante Befestigungen im Verankerungsgrund Mauerwerk sicher geplant und ausgeführt werden können.

Als ein Beitrag dazu werden in den folgenden Ausführungen die Grundzüge der vorhandenen europäischen und nationalen Regelungen für Versuche am Bauwerk erläutert.

1.2 Bestimmung der Dübeltragfähigkeit auf der Baustelle

Die Bestimmung der Dübeltragfähigkeit direkt auf der Baustelle gewinnt für bauaufsichtlich zugelassene Kunststoffdübel im Verankerungsgrund Mauerwerk durch die Vielfalt der Mauersteine und Materialien eine immer größere Bedeutung (vgl. Abschnitt 1.1). Insbesondere die unterschiedlichen Loch- bzw. Hohlkammer-Geometrien der Lochsteine, machen es den Dübel-Herstellern unmöglich, ihre Produkte im Rahmen eines Zulassungsverfahrens in der vollständigen Vielfalt dieser Verankerungsgründe zu prüfen.

Kommen auf der Baustelle bauaufsichtlich zugelassene Dübelsysteme zum Einsatz, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht im tatsächlich vorhandenen „Baustellen-Verankerungsgrund“ geprüft wurden, so ermöglicht die regelkonforme Durchführung von Versuchen am Bauwerk (Abb. 1) in den meisten Fällen die Bestimmung und Festlegung der Tragfähigkeit des Dübelsystems ohne den Rahmen der zugehörigen Dübel-Zulassung zu verlassen. Das bedeutet, dass „alleine“ auf Grundlage von am realen Objekt durchgeführten Versuchen, z.B. für die Befestigung einer Lattung als Unterkonstruktion für eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (für deren Befestigung zugelassene Befestigungsmittel vorgeschrieben sind), häufig auf eine zeit- und kostenintensive Zustimmung im Einzelfall (ZiE) verzichtet werden kann (vgl. Abschnitt 2.1). Dies gilt auch dann, wenn die Fassadenunterkonstruktion z. B. in einem viele Jahre alten Stein befestigt werden soll, der zugelassene Kunststoffdübel im Zulassungsverfahren aber „nur“ in „aktuellen“ Steinen (mit abweichendem Steinformat und/oder mit abweichendem Hersteller usw.) geprüft wurde. Die dafür notwendigen Voraussetzungen werden nachfolgend erläutert. Für Mauerwerk aus Vollsteinen gelten diese Voraussetzungen ebenso; allerdings ermöglicht das vorhandene Regelwerk hier – im Vergleich zu Mauerwerk aus Lochsteinen – in mehr Fällen die Anwendung der vorhandenen Dübel-Zulassung ohne die Erfordernis von Versuchen am Bauwerk (vgl. Abschnitt 2.1).

2. Regelungen für Versuche am Bauwerk für Kunststoffdübel mit ETA nach ETAG 020 bzw. TR 051

2.1 Voraussetzungen, Allgemeines und Handeln „im Rahmen der Zulassung“

Europäische Technische Bewertungen (ETAs) für Kunststoffdübel werden künftig nur noch nach dem Europäischen Bewertungsdokument EAD 330284-00-0604 [1] erarbeitet und erteilt. Es gibt aber auch noch Bewertungen, die die Europäische Leitlinie ETAG 020 [2] als Grundlage haben.

Der Anwendungsbereich dieser ETA’s ist die „Mehrfachbefestigung von redundanten nicht-tragenden Systemen“ (vgl. z. B. in [3] S. 149 ff.):

  • Unter „nichttragenden Systemen“ werden Systeme verstanden, die – einfach ausgedrückt – nur das Eigengewicht der Konstruktion und Windlasten auf die Konstruktion selber aufnehmen und keine z.B. aussteifenden Lasten oder Verkehrslasten aus einem begehbaren Vordach aufnehmen müssen.
  • „Redundanz“ bedeutet in diesem Fall das Vorhandensein von mindestens drei Dübelsetzstellen mit mindestens je einem Dübel, d. h. es gibt keine Lasteinleitung auf nur einen einzigen Befestigungspunkt bzw. Dübel.

Die erteilte, gültige ETA für einen zu verwendenden Kunststoffdübel ist dabei immer eine wesentliche Grundvoraussetzung für die in diesem Beitrag dargestellten Versuche am Bauwerk.

In einer solchen Kunststoffdübel-ETA sind je nach Herstellervorgaben charakteristische Tragfähigkeiten des Dübels für die Nutzungskategorien a, b, c und d nach Tabelle 1 ausgewiesen. Das bedeutet, dass der jeweilige Dübel-Hersteller im Zulassungsverfahren – also vor der Erteilung der ETA

  • festgelegt hat, in welchem Verankerungsgrund sein Dübel geprüft wird. Diese mit dem Dübel
  • unter Labor-Bedingungen – geprüften Verankerungsgründe werden in der ETA detailliert beschrieben (Druckfestigkeit, Rohdichte, Hersteller, Steinbezeichnung, Abmessungen etc.).

Tabelle 1: Nutzungskategorien nach EAD 330284-00-0604, Tabelle 1.1 [1]

NutzungskategorieVerankerungsgrund
a
  • Normalbeton (Festigkeitsklasse ≥ C12/15 gemäß EN 206-1 [4])
  • Dünne Bauteile ab einer Mindeststärke von 40 mm
  • Spannbetonhohldecken mit einer Mindestspiegeldicke von 17 mm

bMauerwerk aus Vollsteinen nach DIN EN 771-1, -2, -3 und -5 (senkrechte Lochung bis maximal 15 % des Querschnitts sind zulässig, z. B. Grifflöcher)
cMauerwerk aus Hohl- oder Lochsteinen nach DIN EN 771-1, -2, -3 und -5
d
  • Porenbeton nach DIN EN 771-4 mit einer Druckfestigkeit zwischen 1,8 ≤ fc,m ≤ 8 [N/mm²]
  • Mauerwerk und vorgefertigte bewehrte Bauteile, z. B. Wand- und Deckenplatten nach DIN EN 12602 in den Druckfestigkeitsklassen AAC 2 bis AAC 6. (Anmerkung: hier ist keine Beurteilung durch Versuche am Bauwerk möglich [5])

Die in der Dübel-ETA ausgewiesenen charakteristischen Tragfähigkeiten gelten nur, wenn auf der Baustelle der von seiner Beschaffenheit gleiche Verankerungsgrund vorliegt, wie der, der im Zulassungsverfahren mit dem Dübel geprüft wurde. In diesem Fall kann auf Versuche am Bauwerk verzichtet werden, vorausgesetzt, dass der Dübel entsprechend der ETA montiert wurde (vgl. Tabelle 2).

Nur bei Vollsteinen können die charakteristischen Dübel-Tragfähigkeiten aus der ETA auf vergleichbare Vollsteine auf der Baustelle übertragen werden, wenn diese lediglich durch ein größeres Steinformat und/oder durch eine höhere Druckfestigkeit von den im Zulassungsverfahren geprüften Steinen abweichen.

Ansonsten ist die charakteristische Tragfähigkeit eines Kunststoffdübels im bauaufsichtlich relevanten Bereich durch Versuche am Bauwerk zu ermitteln, wenn nur einer der folgenden Fälle vorhanden sein sollte (vgl. Tabelle 2):

  • Für den auf der Baustelle vorhandenen Verankerungsgrund sind keine charakteristischen Tragfähigkeiten in der Dübel-ETA angegeben, ein Stein vom gleichen Baustoff und gleicher Struktur [5] befindet sich jedoch in der Zulassung.
  • Der auf der Baustelle verbaute Vollstein hat ein kleineres Steinformat und/oder eine niedrigere Druckfestigkeit als der in der Dübel-ETA ausgewiesene Vollstein.
  • Es wird von der Vorgabe der Dübel-ETA abgewichen, dass in Mauerwerk aus Hohlblöcken oder Lochsteinen die Bohrlöcher (i. d. R.) nur im Drehgang hergestellt werden dürfen: Der Einfluss des Bohrens mit Schlag- bzw. Hammerwirkung auf das Dübel-Tragverhalten muss beurteilt werden.
  • Die Dübel werden für die spätere Montage tiefer gesetzt als sie im Zulassungsverfahren geprüft wurden, auch dieser Einfluss ist zu untersuchen.

Bei diesen Versuchen muss die Dübel-ETA allerdings immer die entsprechende Nutzungskategorie nach Tabelle 1 abdecken, d. h., Versuche am Bauwerk in einem Hochlochziegel „X“ sind nur dann „zulässig“, wenn im Rahmen der Zulassungsverfahren bereits für einen anderen Hochlochziegel „Z“ die grundsätzliche Eignung für die Verankerung des Kunststoffdübels geprüft wurde und für diesen Stein charakteristische Tragfähigkeiten des Dübels in der ETA ausgewiesen werden. Deckt die Dübel-ETA in der Kategorie „c“ nur Kalksandlochsteine ab, so können für Lochsteine aus anderen Materialien (z. B. einen Hochlochziegel) keine charakteristischen Tragfähigkeiten durch Versuche am Bauwerk im Rahmen dieser ETA abgeleitet werden.

„Zulässig“ (vgl. Absatz zuvor) bedeutet in diesem Zusammenhang das Handeln „im Rahmen der Zulassung“ des Dübels (i. d. R. der Dübel-ETA):

  • Wenn die grundsätzliche Eignung des Dübels in einem Verankerungsgrund der entsprechenden Nutzungskategorie nach Tabelle 1 im Zulassungsverfahren nachgewiesen wurde und in der entsprechenden Dübel-ETA ausgewiesen ist, so kann in jedem vergleichbaren Verankerungsgrund – im Rahmen der Zulassung – gedübelt werden, vorausgesetzt, dass regelkonform Versuche am Bauwerk durchgeführt und entsprechend bewertet werden.
  • Wurde die grundsätzliche Eignung des Dübels in einem Verankerungsgrund nach Tabelle 1 im Zulassungsverfahren nicht nachgewiesen, d. h. sind keine Angaben in der entsprechenden Dübel-ETA enthalten, so kann in einem solchen Verankerungsgrund auf der Baustelle nicht – im Rahmen der ETA – verankert werden; der Anwender befindet sich dann rein formal außerhalb des Anwendungsbereichs der ETA und benötigt im bauaufsichtlich relevanten Bereich eine Zustimmung im Einzelfall. Bei diesem Verfahren können Versuche am Bauwerk eine Beurteilungsgrundlage sein. Für diesen Fall empfiehlt es sich allerdings immer, einen geeigneten Planer bzw. Sachverständigen für die Beurteilung der Verankerung einzuschalten, der über ausreichende Erfahrungen auf dem Gebiet der Verankerungen und des Mauerwerkbaus verfügt.

In Tabelle 2 wird noch einmal zusammenfassend dargestellt, wann Versuche am Bauwerk erforderlich sind.

Tabelle 2: Erfordernis von Versuchen am Bauwerk

Versuche am Bauwerk sind nach [6] bzw. [9]
nicht erforderlich, wenn ...erforderlich, wenn ...
… der auf der Baustelle verwendete Mauerstein der gleiche ist wie einer der Verankerungsgründe, die in der ETA des verwendeten Dübels abgebildet sind.Bei der Montage wird die Setztiefe des Dübels (hnom) und das Bohrverfahren gemäß den Vorgaben der Dübel-ETA eingehalten.

… der auf der Baustelle verwendete Vollstein vom in der Dübel-ETA abgebildeten Vollstein lediglich abweicht durch
  • ein größeres Steinformat und/oder
  • eine höhere Druckfestigkeit.

… der auf der Baustelle verwendete Mauerstein nicht in der ETA des verwendeten Dübels abgebildet ist. In der Dübel-ETA ist aber ein Stein enthalten
  • aus dem gleichen Material (Ziegel, Porenbeton, Kalksandstein, Leichtbeton oder Normalbeton),
  • mit einer vergleichbaren Struktur (Vollstein, Lochstein mit oder ohne Dämmstoff-Füllung, Größe bzw. Format

… der auf der Baustelle verbaute Vollstein ein kleineres Steinformat und/oder eine niedrigere Druckfestigkeit hat als der in der Dübel-ETA ausgewiesene, ansonsten gleiche Vollstein.
… die Bohrlöcher im Hammerbohrverfahren erstellt werden, obwohl in der Dübel-ETA das Bohren im Drehgang vorgegeben wird.
… der Dübel tiefer gesetzt wird als in der Dübel-ETA vorgegeben.

2.2 Verantwortlichkeiten

2.2.1 Allgemeines

Die Verantwortlichkeiten für die Durchführung und Bewertung der Versuche am Bauwerk werden im europäischen Technical Report TR 051 „Recommendations for job site tests of plastic anchors and screws“ [6] wie folgt definiert (Hinweis: Das nachfolgende Zitat ist eine Übersetzung der Autoren des bis dato nur in englischer Sprache vorliegenden Papiers):

„Ausführung und Auswertung der Versuche sowie Erstellung des Prüfberichts und Ermittlung der charakteristischen Tragfähigkeit sollte unter der Verantwortung einer anerkannten Prüfstelle oder unter der Überwachung des für die Ausführung Verantwortlichen auf der Baustelle stattfinden“.

Eine weitere Erläuterung dieser Verantwortlichkeiten erfolgt auf europäischer Ebene bisher nicht, was bei den am Bau Beteiligten immer wieder die Frage aufwirft, welche Qualifikationen für die Durchführung und Bewertung der Versuche vorliegen müssen. Dies war mit ein Grund dafür, dass im Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) ein Arbeitskreis „Versuche am Bau“ eingerichtet wurde. Hier wurden jetzt in der „Technischen Regel Durchführung und Auswertung von Versuchen am Bau für Kunststoffdübel in Beton und Mauerwerk mit ETA nach ETAG 020 bzw. nach EAD 330284-00-0604“ [5] u. a. diese Qualifikationen bzw. Zuständigkeiten über die Definition des „Fachplaners“ (Abschnitt 2.2.2), des „Versuchsleiters“ (Abschnitt 2.2.3) und des „sachkundigen Personals“ (Abschnitt 2.2.4) festgelegt – einer Veröffentlichung der Richtlinie ist für das Jahr 2019 geplant.

2.2.2 Fachplaner

In den gültigen ETAs für Kunststoffdübel findet sich für die Position des Planenden bisher nur folgende Formulierung:

„Die Bemessung der Verankerung erfolgt […] unter der Verantwortung eines auf dem Gebiet der Verankerungen und des Mauerwerks erfahrenen Ingenieurs“ (vgl. z. B. in [7])

In der Technischen Regel des DIBt [5], Abschnitt 2.1 werden nun wie folgt die Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines „Fachplaners“ definiert, der bei Versuchen am Bauwerk von Beginn an mit eingebunden werden muss:

  • Festlegung der Versuchsart,
  • Festlegung der Anzahl der zu prüfenden Dübel und deren Setzposition,
  • Festlegung des Bohrverfahrens und der Verankerungstiefe,
  • Berücksichtigung ungünstiger Bedingungen,
  • Information an das sachkundige Personal wie die Dübelmontage ausgeführt werden muss und welche Randbedingungen eingehalten werden müssen sowie
  • Übernahme der Verantwortung für die Dokumentation der Auswertung und Ermittlung der charakteristischen Tragfähigkeiten und deren nachvollziehbare Dokumentation.

2.2.3 Versuchsleiter

Wenn die Versuche am Bauwerk nicht unter der bereits aus TR 51 [6] zitierten „Verantwortung einer anerkannten Prüfstelle“ erfolgen, gibt es in [6] keine weiteren Erläuterungen für „unter der Überwachung des für die Ausführung Verantwortlichen auf der Baustelle“ (vgl. Abschnitt 2.2.1). Hierzu findet sich jetzt in der Technischen Regel des DIBt [5], Abschnitt 1.2 eine Präzisierung. Danach kommen als „Versuchsleiter“ z. B.

  • der Bauleiter,
  • der technische Berater des Herstellers des Kunststoffdübels oder
  • der Fachplaner

in Frage, von denen jeweils entsprechende Fachkunde vorausgesetzt wird.Dabei verfügt ein Versuchsleiter neben der Erfüllung der Anforderungen an „sachkundige Personal“ (siehe Abschnitt 2.2.4) über folgende zusätzliche Kenntnisse:

  • Klassifizieren/Skizzieren von Verankerungsgründen,
  • Durchführung von Probebohrungen,
  • Bedienung des Prüfgerätes und
  • Dokumentation der Versuchsergebnisse.

2.2.4 Sachkundiges Personal

Unter sachkundigem Personal sind die Personen zu verstehen, die auf der Baustelle die zugelassenen Kunststoffdübel montieren. Eine differenzierte Definition dazu gibt es auf europäischer Ebene im Prinzip nicht, da es in den zugehörigen ETAs lediglich

„Einbau des Dübels durch entsprechend geschultes Personal unter Aufsicht des Bauleiters“

heißt, vgl. hierzu z. B. [7]. Auch hierzu erfolgt nun eine Präzisierung durch die Technischen Regel des DIBt [5], Abschnitt 1.2. Danach

  • führt dieses „sachkundige Personal“ die Arbeiten auf der Baustelle aus,
  • setzt die Kunststoffdübel für die Versuche und
  • erfüllt die Anforderungen an Monteure gemäß dem DIBt Papier „Hinweise für die Montage von Dübelverankerungen“ [8].

Diese „Hinweise für die Montage von Dübelverankerungen“ wurden bereits im Oktober 2010 unter Federführung des DIBt erarbeitet (unter Einbindung von Sachverständigen, Dübelherstellern und Anwendern), „um einen Überblick über die erforderlichen Kompetenzen für Dübelmonteure und die zugehörigen Schulungsmaßnahmen zu erhalten. Werden die dort festgehaltenen Randbedingungen eingehalten, so ist von geschultem Personal hinsichtlich der Dübelmontage auszugehen“ (vgl. [10]).Mittlerweile wird im Anhang 2 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen „Verankerungen in Mauerwerk mit nachträglich gesetzten Befestigungsmitteln – Anforderung an Planung, Bemessung und Ausführung“ [11] explizit darauf hingewiesen, dass die DIBt Hinweise [8] „zu beachten“ sind.

2.3 Prüfbericht nach TR 051

Die Dokumentation der Versuche am Bauwerk erfolgt in einem entsprechenden Prüfbericht. Der Technical Report TR 051 [6] definiert auf europäischer Ebene, welche Angaben im Prüfbericht erforderlich sind. Die Technische Regel des DIBt [5] wird diese Anforderungen um weitere Details und Beispiele ergänzen. Die hier in Tabelle 3 zusammengestellten „Mindestangaben“ für einen Prüfbericht nach TR 051 [6] sind immer erforderlich.

„Mindestangaben“ impliziert, dass in einem Prüfbericht selbstverständlich weitere Angaben möglich sind. Diese weiteren Angaben werden beispielsweise in [5] näher erläutert. So ist beispielsweise eine kleine Fotodokumentation darüber WAS, WO und WIE tatsächlich geprüft wurde, empfehlenswert und sollte daher mit in jeden Prüfbericht integriert oder als Anhang beigefügt werden, damit der mit der Bewertung der Versuche beauftragte Fachplaner (vgl. Abschnitt 2.2.2) die Durchführung der Versuche im Detail nachvollziehen kann. Dies ist sinnvoll bzw. wichtig, wenn der Fachplaner bei den Versuchen am Bauwerk nicht persönlich mit anwesend ist.

Tabelle 3: Mindestangaben im Prüfbericht für Versuche am Bauwerk nach TR 051 [6]

Mindestangaben im Prüfbericht nach TR 051 [6]
Bauwerk
Eigentümer des Gebäudes
Datum und Ort der Prüfungen
Prüfvorrichtung
Art der zu befestigenden Konstruktion
Mauerwerk (Art des Steins, Festigkeitsklasse, alle Abmessungen der Steine und Mörtelgruppe, sofern möglich); Sichtbeurteilung des Mauerwerks (glatte Fugen, Fugenbreite, Regelmäßigkeit)
Kunststoffdübel und Schrauben oder Nägel
Schneidendurchmesser der Hartmetallbohrer für Bohrhämmer; wenn keine neuen Bohrer verwendet werden, ist der Wert vor und nach dem Bohren zu messen.
Prüfungsergebnisse, einschließlich Angabe des Wertes N1, Versagensart

3. Fazit

Die hier dargestellten aktuellen Voraussetzungen und Aufgabenverteilungen für die Durchführung von Versuchen am Bauwerk zeigen deutlich, dass diese Versuche auf der Baustelle für bauaufsichtlich zugelassene Kunststoffdübel im Verankerungsgrund Mauerwerk immer wichtiger werden. Sowohl der vielfältige Verankerungsgrund Mauerwerk als auch die Montage der Dübel haben wesentliche Einflüsse auf die Tragfähigkeit dieser Befestigungssysteme, die nicht alle in den Zulassungen (ETAs) für Kunststoffdübel abgebildet werden können. Versuche am Bauwerk können diese „Zulassungslücken“ schließen, sie müssen dafür aber in der täglichen Praxis für jedes neue Projekt – rechtzeitig VOR der eigentlichen Montage und unter Berücksichtigung der Verantwortlichkeiten (Fachplaner, Versuchsleiter, sachkundiges Personal) – immer wieder individuell geplant, durchgeführt und ausgewertet werden.

Literaturverzeichnis

[1] EOTA: EAD 14-33-0284-06.04, European Assessment Document PLASTIC ANCHORS FOR REDUNDANT NON-STRUCTURAL SYSTEMS IN CONCRETE AND MASONRY, ENTWURF 25.06.2018, noch nicht veröffentlicht

[2] EOTA: ETAG 020, Part 1, Guideline for European Technical Approval of PLASTIC ANCHORS FOR MULTIPLE USE IN CONCRETE AND MASONRY FOR NON-STRUCTURAL APPLICATIONS - GENERAL, amended version March 2012, Brüssel, URL: https://www.eota.eu/handlers/download.ashx?filename=endorsed-etags%5cetag020%2fetag-020-annex-a.pdf, (abgerufen am 18.05.2017)

[3] Scheller, E., Küenzlen, J., Hrsg.: Handbuch der Dübeltechnik – Grundlagen, Anwendungen, Praxis, Swiridoff Verlag GmbH & Co. KG, Künzelsau 2013

[4] DIN EN 206-1:2001-07: Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität

[5] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Technische Regel „Durchführung und Auswertung von Versuchen am Bau für Kunststoff-dübel in Beton und Mauerwerk mit ETA nach ETAG 020 bzw. EAD 330284-00-0604“, ENTWURF Januar 2019, noch nicht veröffentlicht

[6] EOTA: Technical Report TR 051, RECOMMENDATIONS FOR JOB SITE TESTS OF PLASTIC ANCHORS AND SCREWS, URL: https://www.eota.eu/handlers/download.ashx?filename=technical-reports%2feota-tr-051-job-site-tests-plastic-anchors-and-screws-2018-04.pdf (abgerufen am 29.10.2018)

[7] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Europäische Technische Bewertung ETA-08/0190 vom 05. September 2017 für Würth Kunststoff-Rahmendübel W-UR, URL. https://eshop.wuerth.de/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/1401-B1-Site/de_DE/-/EUR/ViewOfferDetail-GetDocument/0912810401ZZL04.pdf?ProductRefID=0912810401%401401-B1&DocumentId=BA8B1F7457091ED7B08F8EE2EBF69842&MimeType=application%2Fpdf,(abgerufen am 30.10.2018)

[8] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Hinweise für die Montage von Dübelverankerungen, Oktober 2010, URL: https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/I2/Duebel_Hinweise_Montage.pdf, (abgerufen am 30.10.2018)

[9] EOTA: ETAG 020, Annex B, RECOMMENDATIONS FOR TESTS TO BE CARRIED OUT ON CONSTRUCTION WORKS, amended version March 2012, Brüssel, URL: https://www.eota.eu/handlers/download.ashx?filename=endorsed-etags%5cetag020%2fetag-020-annex-b.pdf, (abgerufen am 24.05.2017)

[10] Feistel, G. „Hinweise für die Montage von Dübelverankerungen“, DIBt Mitteilungen, Heft 2, April 2011

[11] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Amtliche Mitteilungen vom 31.08.2017: Veröffentlichung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen Ausgabe 2017/1 mit Druckfehlerkorrektur vom 11. Dezember 2017, URL: https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/P5/Bauregellisten/MVV_TB_2017-1_inkl_Druckfehlerkorrektur.pdf (abgerufen am 10.02.2019)

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