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#wissenundpraxis

Vorteile und Einsatz der Holz-Beton-Verbundbauweise

Der Holz-Beton-Verbund ist in den letzten Jahren aufgrund seiner herausragenden Eigenschaften – durch die Kombination der beiden Baustoffe Holz und Beton - als eigenständige Bauweise herangewachsen.

11/30/2021

Lesezeit

15 Minuten

Im Holz-Beton-Verbundbau werden zwei getrennte Querschnitte aus Holz und Beton mithilfe von Verbindungsmitteln zu einem Verbundquerschnitt zusammengefügt. Durch die Kombination der beiden Baustoffe werden deren Eigenschaften optimal genutzt. Unter Biegespannung werden die Zugkräfte vom Holz aufgenommen, während der Beton in der Druckzone angeordnet ist. Gleichzeitig ergeben sich durch die Hybridbauweise Vorteile im Brand- und Schallschutz im Vergleich zu reinen Deckenkonstruktionen im Holzbau. Die Verwendung von Holz als zentralen Baustein des Tragwerks reduziert erheblich den CO2-Fußabdruck des Gebäudes. Der Baustoff Holz speichert auf lange Zeit das während der Wachstumsphase aufgenommene CO2.

Brücke "Urbacher Mitte"

Die Brücke "Urbacher Mitte" wurde durch die Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG realisiert.

Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Mehrgeschossige Wohn- und Verwaltungsbauten im Neubau haben ihre Praxistauglichkeit bewiesen. Die Vorteile von Holz-Beton-Verbund hinsichtlich Brand- und Schallschutz sind im mehrgeschossigen Bau von großer Bedeutung – den erhöhten Anforderungen an diese Eigenschaften kann problemlos Rechnung getragen werden. Durch Vormontage der Betonelemente im Fertigteilwerk kann äußerst schnell und ohne unerwünschten Feuchteeintrag in das Gebäude gearbeitet werden.

Im Brückenbau wird vermehrt auf die Kombination von Holz mit Beton zurückgegriffen. Im Vergleich zu herkömmlichen Holzbrücken heben sich Holz-Beton-Verbundbrücken durch höhere Steifigkeiten und Tragfähigkeiten ab und sind zudem effizienter als Stahl-Beton-Brücken. Die oben angeordnete Betonplatte schützt den darunterliegenden Holzträger, was zu einer Verlängerung der Lebensdauer führt.

Aber auch in der Sanierung älterer Holzbalkendecken kommt der Holz-Beton-Verbundbau zum Einsatz. In alten Gebäuden sind häufig die Decken den Anforderungen hinsichtlich Belastbarkeit, Durchbiegung, Schallschutz und Brandschutz nicht mehr gewachsen. Durch die zusätzliche Betonscheibe und den Verbund mit der alten Balkenlage kann die bestehende Decke aufgewertet und der Zustand der Gebrauchstauglichkeit hergestellt werden.

 

Ausführungsvarianten

1. Massivholzdecke

Massivholzdecken können Spannweiten bis 12 m und mehr überbrücken und sind gut für eine R90 Brandbeanspruchung geeignet. Massivholzdecken empfehlen sich insbesondere für eine sichtbare Holz-Deckenunterseite – der Nutzer erkennt nicht, dass es sich um einen Verbundbau handelt.

2. Balkendecke

Balkendecken können üblicherweise bis 10 m und mehr Spannweite eingesetzt werden. Durch die dreiseitige Brandeinwirkung ist ein R60 Widerstand realistisch – mit einer Brandschutzverkleidung auch höher. Sie sind im direkten Vergleich mit der Massivholzdecke preislich günstiger – benötigen jedoch etwas mehr Deckenaufbauhöhe. Gestalterisch ist der Beton als Sichtbeton möglich.

Baukonstruktion

Die Realisierung von weit gespannten, leichten Konstruktionen ist mit den im Holzbau zur Verfügung stehenden Materialien und Dimensionen problemlos zu realisieren. Im Vergleich zur reinen Stahl-Beton-Decke haben Decken in Holz-Beton-Verbund-Bauweise in etwa ein Drittel des Eigengewichts bei gleicher Tragfähigkeit.

Neben der Tragfähigkeit haben Eigenschaften, die das Wohn- bzw. Nutzungsempfinden beeinflussen, eine sehr hohe Bedeutung. Speziell dem Holzbau gegenüber existiert ein besonders kritisches Empfinden. Deckenkonstruktionen müssen die Anforderungen an den Brand- und Schallschutz erfüllen und ein günstiges Schwingverhalten aufweisen.

Arbeiten im Schnee

Im Gegensatz zu Schüttungen und Beschwerungen ist die Betonplatte nicht nur eine zusätzliche Schicht zur Erhöhung der Masse. Der Verbund der Betonplatte mit der Unterkonstruktion mittels Schrauben ist ausreichend steif, um die Gesamtsteifigkeit der Konstruktion deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig ist diese Verbindung ausreichend duktil, um die Schwingungen etwas zu federn.

Der Schallschutz wird bei Decken maßgeblich durch deren Aufbau, d. h. durch Schichtfolge, beeinflusst. In der Regel besteht der Aufbau aus einem Belag, einem schwimmenden Estrich und einer Trittschalldämmung. Die einzelnen Schichten bilden dabei mit der Konstruktion ein Masse-Feder-Masse-System. Die Trittschalldämmung wirkt dabei zwischen Estrich und Konstruktion wie eine Feder. Zusätzliche massige Schichten verbessern kontinuierlich und signifikant die schalltechnischen Eigenschaften von Holzdecken. Dennoch sind Holzbalken- und Massivholzdecken mit entsprechender Beschwerung deutlich leichter als entsprechende Stahlbetondecken. In Kombination mit Trittschalldämmung, die eine niedrige dynamische Steifigkeit aufweisen, führt die Beschwerung der Decken zu besseren Eigenschaften bei Frequenzen oberhalb der Resonanzfrequenz.

ASSY Plus Vollgewindeschrauben

Durch die Novellierung der länderspezifischen Bauvorschriften können Gebäude bis acht Geschosse vollständig in Holz gebaut werden. Dadurch entstehen erhöhte Anforderungen an den Feuerwiderstand der einzelnen Bauteile. Sofern die Decken nicht durch entsprechende Feuerschutz-Verkleidungen geschützt werden, kann der Nachweis der Bauteile für die geforderte Feuerwiderstandsdauer entsprechend der Anforderungen nach EN 1992-1-2 und EN 1995-1-2 erbracht werden.

Würth empfiehlt für die Herstellung des Schubverbunds den Einsatz von ASSY®plus Vollgewindeschrauben, wie sie im üblichen Holzbau verwendet werden. Hierdurch ist es leicht möglich, die für das Projekt am besten geeignete Schraube auszuwählen. Der Verarbeiter ist im Einsatz der Schrauben geübt und muss keine besonderen weiteren Anforderungen vorweisen. Einsatz und Bemessung sind geregelt in der europäischen technischen Bewertung ETA-13/0029 „Selbstbohrende Schrauben zur Verwendung in Holz-Beton-Verbundbauteilen“.

Nachweis nach DIN EN 1995-1 ɣ-Verfahren

Zur Ermittlung der Schnittgrößen kommt das in DIN EN 1995-1 vorgeschlagene ɣ-Verfahren zur Anwendung. Bei diesem Verfahren werden die Spannungsverläufe über die Trägerhöhe in Abhängigkeit der Verbindungsmittelsteifigkeit über eine effektive Biegesteifigkeit Eleff des Verbundquerschnitts ermittelt. Der ɣ-Wert berücksichtigt u. a. die Steifigkeitskennwerte Kser und den Abstand s der Verbindungsmittel. Er liegt zwischen 0 ≤ ɣ ≤ 1 und dient der Interpolation der Biegefestigkeit zwischen lose (ɣ = 0) und starr verbundenen Trägern (ɣ = 1). Durch die geschickte Konfiguration der einzelnen Parameter können Verbundquerschnitte erzielt werden, bei denen der Betonteil weitestgehend Druckspannungen und der Holzteil weitestgehend Zugspannungen erfährt. Als statische Systeme sieht das ɣ-Verfahren ausschließlich Einfeldträger vor. In Ausnahmefällen können auch Zweifeldträger bzw. Kragträgersysteme berücksichtigt werden. Diese sind aber aufgrund zusätzlicher konstruktiver Schwierigkeiten im Bereich von Holz-Beton-Verbundsystemen nicht empfehlenswert. Aufgrund der mathematischen Herleitung der Bemessungsformeln können beim ɣ-Verfahren ausschließlich streckenlasten berücksichtigt werden. Einzellasten, die einen Sprung im Querkraftverlauf bewirken, sind nicht zulässig.

Durch einen flachen Einschraubewinkel von 30° wie beim Würth FT-Verbinder wird die Einbindetiefe der Schraube ins Holz vergrößert. Entsprechend steigt die aufnehmbare Kraft am einzelnen Befestigungselement – die Anzahl reduziert sich.

Einsatz von Würth FT-Verbindern an Holzträgern in Kombination mit einer Filigranplatte für das spätere Betonieren auf der Baustelle.

Durch den definierten Einschraubwinkel/Setzpunkt können lokal sehr hohe Kräfte übertragen werden.

Die Anzahl der Verbindungsmittel hat einen entscheidenden Einfluss auf die Fugensteifigkeit. Der Abstand der Verbindungsmittel kann dem Querkraftverlauf entsprechend angepasst werden. Der maximale Abstand darf allerdings nicht größer als der 4-fache Mindestabstand sein. Werden als Verbundmittel Schrauben gewählt, sollten diese, um die hohen axialen Festigkeiten und Steifigkeit zu aktivieren, unter einem Winkel von α ≤ 45° eingebaut werden. Bei der Ortbetonbauweise werden Schrauben mit d = 8 mm unter 45° oder mit d = 10 mm zusammen mit dem FT-Verbinder unter 30° eingebaut. Bei Fertigteilen werden immer F-Verbinder verwendet. Die effektive Biegesteifigkeit Eleff des Verbundträgers ist abhängig von der Anzahll n und der Steifigkeit Kser der Verbindungsmittel. Die Kser-Wert der Verbinder können der ETA-13/0029 entnommen werden. Sie sind abhängig vom Durchmesser d des Verbindungsmittels, dem Einschraubwinkel und der effektiven Einbindelänge des Verbindungsmittels in den Holzträger.

Bei Holz-Beton-Verbundsystemen werden Baustoffe mit unterschiedlichem zeitabhängigen Verformungsverhalten zu einem Gesamttragwerk zusammengefügt. Dieser Umstand hat einen entscheidenden Einfluss auf den Spannungsverlauf und das Verformungsverhalten am Gesamtträger. Die DIN EN 1995-1 schreibt für diesen Fall eine Nachweisführung im Anfangszustand (t = 0) und im Endzustand (t = 1) vor. Das unterschiedliche Kriechverhalten und das Quell- bzw. Schwindverhalten des Holzes können durch die Abminderung der Steifigkeiten unter Berücksichtigung der entsprechenden Kdef-Werte im Endzustand berücksichtigt werden. Zusätzlich sollte das plastische Schwinden des Betons unmittelbar nach Einbau des Ortbetons durch eine Ersatzlast psls berücksichtigt werden.

 

Herstellungsvarianten

Beton-Fertigteil

Mit Holz-Beton-Verbunddecken, bei denen die Betonplatten vorgefertigt wurden, lassen sich mit geringen Montagekosten optisch ansprechende und weit gespannte Holzbalkendecken in Sichtqualität realisieren. Bauzeiten und Montagezeiten lassen sich drastisch reduzieren. Ein Feuchteeintrag in das Bauwerk und eine Verschmutzung der Holzbauteile werden vermieden.

Ortbeton

Der Aufbeton kann auch vor Ort aufgebracht werden. Nötig wird das meist im Sanierungsfall, aber auch bei wenig standardisierten Tragwerken. Es wird meist auf eine verlorene Schallung mit Trennlage betoniert. Auch bei größter Sorgfalt beeinträchtigt der Ortbeton die Holzbauteile negativ. Der Aushärtevorgang verlängert die Bauzeiten.

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