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Arbeitszeit erfassen, aber richtig: So klappt es mit der Umstellung

Das Erfassen der Arbeitszeit ist nun Pflicht: Das sagt das Bundesarbeitsgericht. Wir sagen Ihnen, worauf Sie achten sollten, um die Anforderungen in Ihrem Betrieb ohne enormen Aufwand erfüllen zu können.

02/06/2023

Lesezeit

7 Minuten

 

Wie müssen künftig die Arbeitszeiten festgehalten werden? Sind Modelle wie die Vertrauensarbeitszeit noch erlaubt? Welche Konsequenzen drohen, wenn Sie noch nicht handeln? Die wichtigsten Fragen zur Arbeitszeiterfassung beantworten wir in diesem Beitrag.

Was schreibt das BAG in Sachen Arbeitszeiterfassung vor?

Bis zum Beschluss des BAG verpflichtete das Arbeitszeitgesetz die Unternehmen lediglich dazu, Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit zu dokumentieren. Zukünftig ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle geleisteten Arbeitsstunden seiner Beschäftigten zu erfassen. Dies geht aus dem Beschluss des BAG vom 13. September 2022 hervor:

„Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat die Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung im Betrieb nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.“

(Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022)

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Es besteht laut der Pressemitteilung die Pflicht der Arbeitgeber, die geleisteten Arbeitsstunden der Arbeitnehmenden zu erfassen. Dabei spielen Art und Größe der Firma keine Rolle, auch zwischen Innen- und Außendienst macht das BAG keinen Unterschied. Zu erfassen sind die tatsächlich geleisteten Stunden, darunter fällt die komplette Arbeitszeit inklusive Überstunden.

Die Entscheidung des BAG geht auf ein von einem Betriebsrat angestrengtes Verfahren zurück. Dieser wollte die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems erzwingen. Diese Regelung schließt das BAG aus mit dem Hinweis darauf, dass der Arbeitgeber ohnehin zur Erfassung verpflichtet ist. Die Art der Erfassung ist dabei offen. Der Betriebsrat hat kein Initiativrecht. Er kann also die Einführung eines elektronischen Systems nicht verlangen, darf sich aber an der Gestaltung der Erfassung beteiligen.

In welcher Form müssen die Zeiten erfasst werden?

Ob per App oder von Hand: Das genutzte System muss laut Entscheidungsbegründung revisionssicher und für das Unternehmen sowie die Beschäftigten praktikabel sein. Die reine Möglichkeit zur Erfassung der Stunden ist keinesfalls ausreichend. Probleme, oder zumindest Aktenberge, dürfte auch bekommen, wer die Zeiten auf Papier erfassen lässt. Denn der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Erfassung der tatsächlich geleisteten Stunden jederzeit nachweisen zu können.

Kann Vertrauensarbeitszeit weiter ausgeübt werden?

Diese flexible Lösung ist weiterhin möglich, sofern sie so definiert ist, dass Arbeitnehmende ihre Anfangs- und Endzeiten selbst bestimmen können. Der Arbeitgeber verzichtet in diesem Modell darauf, die geleisteten Stunden zu kontrollieren. Dennoch sind die tatsächlich geleisteten Stunden, also Beginn, Ende und Überstunden laut dem BAG-Urteil zu dokumentieren.

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Warum macht es überhaupt Sinn, dass Arbeitszeiten erfasst werden?

Das BAG-Beschluss erging im Sinne des Arbeitsschutzes. Es beruft sich in seiner Entscheidungsbegründung auf europäisches Recht, genauer: auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung vom 14. Mai 2019. Der EuGH stellt fest, dass Arbeitszeiten aus Gründen des Arbeitsschutzes erfasst werden müssen. Es soll gewährleistet werden, dass der Arbeitgeber die tatsächlich geleisteten Stunden eines Arbeitnehmenden im Blick hat. Nur dann kann er auch eingreifen, wenn etwas nicht nach Plan läuft.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?

Auch wenn die Arbeitszeiten grundsätzlich erfasst werden müssen, wird ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz § 3 Abs. 2 Nr.1 derzeit nicht als Ordnungswidrigkeit gewertet. Folglich wartet auch unmittelbar kein Bußgeld auf Arbeitgeber. Bevor dieses erhoben werden kann, muss die zuständige Behörde den Betrieb auffordern, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Erst wenn der Arbeitgeber keine Folge leistet, drohen ihm Geldbußen.

Ist die Einführung eines Systems bereits jetzt sinnvoll?

Auf jeden Fall! Die Einführung ist Pflicht, unabhängig davon, ob eine Strafe direkt verhängt wird oder nicht. Derzeit haben Arbeitgeber noch die Möglichkeit sich angemessen Zeit zu nehmen eine gezielte Auswahl aus den verfügbaren Systemen zu treffen. Zudem erfordert die Einführung einer digitalen Variante in jedem Fall, dass die Prozesse in der Verwaltung und im Personalmanagement geplant und getestet werden. Die digitalen Systeme bieten im Übrigen den klaren Vorteil, dass sie überall genutzt werden können – im Außendienst, auf Geschäftsreisen oder auf der Baustelle.

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