ABC des 3D-Drucks: Wie er das Handwerk revolutionieren wird
Erfahren Sie in unserem Beitrag, wie 3D-Druck die Produktion revolutioniert und neue Möglichkeiten für das Handwerk schafft: von Prototypen über Ersatzteile bis hin zu individuellen Werkzeugen. Lesen Sie, wie die Technologie Zeit und Material spart, Individualisierung ermöglicht und bereits von der Industrie genutzt wird.
10/25/2024
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Prototypen und Modelle, aber auch Ersatzteile wie eine Fensterkurbel für einen Oldtimer, selbst gestaltete Werkzeuge wie Markierhilfen oder gar ganze Gebäude: 3D-Druck bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten. Die Technologie wird langfristig auch die Handwerksbranche revolutionieren, denn sie spart Zeit, vereinfacht die Produktion von Komponenten, ermöglicht Individualisierung und reduziert den Materialverbrauch erheblich. Vorreiter ist die Industrie: Aktuell nutzen bereits 44 Prozent der Industrieunternehmen mit 100 oder mehr Beschäftigten 3D-Druck, weitere 20 Prozent planen den Einsatz. Das ergab eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom. Und das Handwerk zieht nach: Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks ermöglicht 3D-Printing (3DP) „eine schnellere, flexiblere und kosteneffizientere Arbeitsweise.“
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie 3D-Printing funktioniert, wie das Handwerk davon profitieren kann und was man dafür benötigt.
Beim 3D-Druck werden Objekte Schicht für Schicht aufgebaut, man spricht deshalb auch von additiver Fertigung. Als Druckmaterial kommen Kunststoffe, Metalle oder Keramik zum Einsatz. Basis ist ein digitales Modell des Objekts. Dieses digitale Druckmodell, etwa ein 3D-Scan des Objektes oder CAD-Daten, wird mit Hilfe einer speziellen Software für den Druck vorbereitet: Die „Slicer“-Software zerlegt das Modell in Schichten und erstellt die Anweisungen für den Drucker.
Gedruckt werden inzwischen Zahnersatz und orthopädische Prothesen, Objekte aus den 3D-Druckern werden in der Luftfahrt eingesetzt, im Fahrzeugbau, als Ersatz- und Bauteile aller Art.
Im Schmuck- und Modedesign ermöglicht 3D-Printing individualisierte Objekte, aus Schokolade lassen sich Tortendekorationen drucken. In Heidelberg wurde Ende 2023 das größte 3D-Gebäude Europas fertiggestellt. Es beherbergt IT-Server, ist 53 Meter lang, elf Meter breit und neun Meter hoch und entstand in nur 140 Stunden, indem Schicht für Schicht ein Spezialbeton aus Düsen aufgetragen und so die Außenhülle des Gebäudes „gedruckt“ wurde.
Gegenüber spanabhebenden, also subtraktiven, Fertigungsmethoden wie Fräsen, Bohren oder Drehen hat die additive Fertigung nicht nur den Vorteil, dass hochkomplexe Formen und Strukturen hergestellt werden können. Der 3D-Druck ermöglicht die sofortige Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Werkzeugen und Prototypen und senkt die Kosten im Handwerk durch die präzise Fertigung ohne Ausschuss sowie die Einsparung von Lagerflächen. Gleichzeitig können mit 3D-Printing individuelle Kundenwünsche oder spezielle Anforderungen an Werkzeuge ohne großen Aufwand erfüllt werden.
Der 3D-Druck ermöglicht nicht nur die einfache und schnelle Herstellung von hochindividualisierten Werkstücken. Mit der Technologie lasen sich auch die unterschiedlichsten Ressourcen einsparen:
- Geringerer Materialeinsatz
- Verlagerung der Komplexität in das Bauteil: Verwendung neuer Materialien, weniger Montagearbeiten, weniger Ausschuss bei der Herstellung
- CO2-Einsparung durch den Wegfall von Lieferwegen und Transporten
- Wiederbeschaffungsgarantie als Instrument zur Kundenbindung und Bestandssicherung
- Optimiertes Ersatzteilmanagement
- Verbessertes und effizienteres Anlauf- und Auslaufmanagement bei Neuprodukten und Änderungen
- Optimierter Know-how-Transfer da direkt „am Objekt“ entwickelt werden kann
Für Roboter zur Warenkommissionierung in den Würth Logistikzentren ist im 3D-Druck eine in Leichtbauweise optimierte Baugruppe entstanden. Sie hat eine Masse von nur 13 Prozent der ursprünglichen Baugruppe und hält dennoch den einwirkenden Kräften stand. Die auf Effizienz getrimmte Bauweise führt neben den verkürzten Reparaturzeiten zu einem Kosteneinsparpotential von rund 94 Prozent im Vergleich zu der Originalbaugruppe.
Neben dem 3D-Drucker wird ein 3D-Scanner für die Erstellung digitaler Modelle, oder eine Software zur Modellierung sowie eine Slicing-Software zum Erstellen der Druckdaten benötigt, dazu kommen verschiedene Druckwerkstoffe wie Kunststoffe, Harze oder Metall. Für einen 3D-Scanner sind auch andere Einsatzzwecke im Handwerk denkbar: Er kann zum Beispiel auch dazu genutzt werden, Oberflächengrößen zu ermitteln. So kann ein Maler exakt berechnen, wie viel Wandfarbe er für einen Auftrag benötigt.
Druckdaten sind auch im Netz verfügbar, zum Beispiel auf der Seite printables.com. Diese Plattform ist eine der weltweit größten Datenbanken mit kostenlosen druckbaren 3D-Modellen. Millionen von Machern teilen ihre Kreationen und helfen sich gegenseitig bei der Lösung von Problemen. Printables Brands ist eine Initiative, bei der globale Marken offizielle druckbare 3D-Modelle anbieten.
Unter dem Motto „Alles aus einer Hand“ hat Würth in ausgewählten Niederlassungen das Sortiment um Produkte für 3D-Printing erweitert: Neben dem 3D-Drucksortiment mit Druckern, Werkstoffen, Werkzeugen, Zubehör, Hilfs- und Betriebsmitteln sowie persönlicher Schutzausrüstung (PSA) bieten die Niederlassungen die dazugehörige Beratung an. Passende Trainings über Engineering bis zu Laborprüfungen können in naher Zukunft über die Akademie Würth gebucht werden.
Filament-Druck: Fused Filament Fabrication Verfahren (FDM)
Ganz einfach ausgedrückt nutzt ein FDMDrucker das Prinzip einer Heißklebepistole: Schicht für Schicht entsteht das dreidimensionale Bauteil durch das bahnförmige und schichtweise Aufschmelzen eines Kunststofffadens. Der Kunststoff, das sogenannte Filament, wird dabei durch Wärme erweicht und durch eine Düse gepresst. Die so entstandenen Materialstränge werden auf dem Druckbett abgelegt.
Pulver-Druck: Selektives Lasersintern (SLS)
Bei diesem Verfahren kommt ein Laser zum Einsatz. Feinkörnige Pulverwerkstoffe wie Metalle oder Kunststoffe werden schichtweise aufgetragen. Sowohl der Bauraum als auch der aufgetragene Werkstoff sind vortemperiert. Ein Laser schmilzt anschließend den Werkstoff punktuell auf, so entsteht Schicht für Schicht ein dreidimensionales Teil. Die Bauplattform wird nach jeder Belichtung ein Stück nach unten gefahren und die nächste Pulverschicht daraufgesetzt.
Anwendungsbeispiele: Objekte für die Luft- und Raumfahrtindustrie, bei denen die Kombination aus hoher Festigkeit und geringem Gewicht wichtig ist. Im medizinischen Bereich ermöglicht das Verfahren maßgeschneiderte Implantate und individuell angepasste orthopädischer Hilfsmittel. In Industrie werden damit komplexe Werkzeuge und Formeinsätze mit integrierten Kühlkanälen oder speziellen geometrischen Eigenschaften hergestellt.
Harz-Druck: Stereolithografie (SLA)
Bei den Harzdruckern wird ein flüssiger Werkstoff Schicht für Schicht aus dem Druckkopf direkt auf die Bauplattform aufgetragen und durch einen Laser oder UV-Lampen ausgehärtet. Die Bauteile werden anschließend abgewaschen und bei Bedarf nachgehärtet.
Gut zu wissen
Filamente können eingeschweißt in der Originalverpackung gelagert werden. Sind diese jedoch einmal geöffnet, sollten sie luftdicht aufbewahrt werden. Die Qualität der Druckergebnisse hängt maßgeblich von der Beschaffenheit der Filamente ab. Ein trockenes Filament ist dabei das A und O. Feuchtigkeit führt zu einer Reihe von Problemen beim Drucken. Es kann es beispielsweise zu einer ungleichmäßigen Extrusion kommen, da das Wasser in den Filamenten verdampft und dabei Blasen erzeugt, was zu unsauberen Oberflächen führt. Harze- und Pulver-Werkstoffe sind oftmals als Gefahrstoffe zu klassifizieren und müssen deshalb speziell gelagert werden, zum Beispiel in Gefahrstoffschränken.
Wie jeder Technologiewechsel bringt auch 3D-Printing Herausforderungen mit sich. Ein genaues Abwägen und die positiven Erfahrungen aus der Industrie legen den Schluss nahe, dass das Handwerk in großem Ausmaß von der technologischen Entwicklung profitieren wird: Der 3D-Druck bietet nicht nur moderne Lösungen, sondern ermöglicht auch eine nachhaltige und kosteneffiziente Produktion, mit der das Handwerk auch auf den Fachkräftemangel oder Probleme in den aktuellen Lieferketten reagieren kann. Dabei hilft ein starker Partner wie Würth und das 3DP Programm „Alles aus einer Hand“, mit dem auch das nötige Wissen rund um den 3D-Druck und seinen Einsatz im Handwerk vermittelt wird.