
Interview: E-Rechnung - Zeit zu Handeln mit Petra Brazel und Frank Schneider
Die E-Rechnung wird ab 2025 verpflichtend. Petra Brazel und Frank Schneider von Würth erklären, warum das wichtig ist, welche Vorteile sie bietet und wie sich Unternehmen vorbereiten können.
04/07/2025
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6 Minuten
Mit der E-Rechnung beginnt ein neues Kapitel für das Finanzwesen – auch im Handwerk. Die gesetzliche Pflicht zum elektronischen Rechnungsempfang gilt seit dem 1. Januar 2025, der Versand wird spätestens ab 2028 zur Norm. Für viele Betriebe bedeutet das: Zeit zu handeln. Doch was steckt hinter der neuen Regelung – und wie gelingt die Umstellung in der Praxis? Im Interview geben Petra Brazel, Steuerberaterin bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG, und Frank Schneider, Geschäftsführer Finanzen & Campus der Adolf Würth GmbH & Co. KG, Orientierung. Sie erklären, warum die E-Rechnung mehr ist als nur ein digitales Format, welche Einsparpotenziale insbesondere kleine Unternehmen nutzen können und wo typische Fallstricke lauern. Ein Gespräch über Pflicht, Potenzial – und Digitalisierung mit echtem Mehrwert.
Steuerexpertin bei Würth : Petra Brazel stellt sich vor
Petra, magst Du Dich und Deine Rolle im Finance-Team bei Würth kurz vorstellen?
Petra Brazel: Mein Name ist Petra Brazel, ich arbeite als Steuerberaterin im Team Steuern und Bilanzierung und bin bereits seit 14 Jahren bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG. In meiner Tätigkeit liegen die Schwerpunkte in der Lohnsteuer und in der Umsatzsteuer. Hier betreue ich überwiegend Projekte in den genannten Steuerarten.
Warum ist das Thema E-Rechnung gerade jetzt so wichtig?
Petra Brazel: Seit dem 01.01.2025 ist das Gesetz zur verpflichtenden E-Rechnung in Kraft getreten. Somit rückt dieses Thema in vielen Unternehmen immer mehr in den Fokus, um den gesetzlichen Anforderungen nachzukommen. Aktuell können viele Unternehmen noch von den Übergangsregelungen Gebrauch machen. Allerdings muss die Reise beginnen, Rechnungen in digitaler Form zu erstellen und zu verarbeiten. Spätestens zum 01.01.2028 ist diese für alle Unternehmen verpflichtend, sowohl im Rechnungseingang als auch im Rechnungsausgang.

Ursprung der E-Rechnungspflicht
Kannst du uns kurz erklären, was der Hintergrund der Einführung der E-Rechnungspflicht zum 01.01.2025 war?
Petra Brazel: Mit der Einführung der E-Rechnung soll die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft gefördert werden. Prozesse im Rechnungswesen können vereinfacht werden und erhebliche Einsparpotenziale generiert werden. Dadurch sollen Unternehmen in Deutschland wieder wettbewerbsfähiger gemacht werden im Vergleich zu Unternehmern in anderen Ländern
Im Rahmen der ViDA-Initiative der Europäischen Kommission ist zusätzlich die Einführung eines elektronischen Meldesystems (Umsatzsteuer) geplant, das aus den Daten der E-Rechnung gespeist wird. Als vorbereitende Maßnahme wurde zunächst die E-Rechnung eingeführt. Im nächsten Schritt sollen sowohl das nationale als auch das EU-weite Meldesystem implementiert werden. Der Zeitplan der EU sieht die Umsetzung des Meldesystems bis zum Jahr 2028 vor, mittlerweile ist allerdings eine Verschiebung auf 2030 beziehungsweise 2032 in der Diskussion. Nach derzeitigem Stand ist der Start des deutschen Meldesystems nicht vor der Umsetzung der europäischen Lösung angedacht.
Gab es besondere Herausforderungen bei der Einführung?
Petra Brazel: Die Einführung der E-Rechnung stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen. Rechnungsprozesse müssen angepasst werden und Systeme angeschafft oder erweitert werden um E-Rechnungen empfangen und versenden zu können. Nicht jedes Unternehmen ist heute schon in dieser Form digital unterwegs. Zudem müssen neue Prozesse geschaffen werden um die E-Rechnung nach Eingang elektronisch weiterverarbeiten und archivieren zu können.
Auch wir bei Würth mussten schon zahlreiche Anpassungen in unseren Systemen vornehmen und Prozesse anpassen. Zudem muss ein Informationsaustausch im Unternehmen stattfinden um Kolleginnen & Kollegen sowie Geschäftspartner an die Hand zu nehmen und zum Thema E-Rechnung aufzuklären.
Wie Handwerksbetriebe mit der E-Rechnung Zeit und Geld sparen
Welche konkreten Vorteile bietet die E-Rechnung für Handwerksbetriebe?
Petra Brazel: Die elektronische Rechnung bietet zahlreise Vorteile. Ein großer Faktor ist die Kosten- und Zeitersparnis. Rechnungen, welche digital ausgetauscht werden, können ebenfalls digital weiterverarbeitet und sicher archiviert werden. Durch die Einsparung von Papier, Drucker und Transportwege leistet jeder Einzelne ebenfalls einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Zudem können Zahlungsziele besser eingehalten werden.
Gibt es spannende Beispiele, in denen Unternehmen bereits von der E-Rechnung profitieren?
Petra Brazel: Alle Unternehmen, die bereits ganz oder teilweise elektronische Rechnungen versendet, profitieren direkt von den Vorteilen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, möglichst schnell weg zu kommen von der Papierrechnung hin zur elektronischen Rechnung. Auch wir möchten einen schnelleren Datenaustausch mit unseren Kunden und natürlich intern unsere Prozesse digitalisieren.
Welche langfristigen Einsparpotenziale siehst du durch die Digitalisierung der Rechnungsprozesse – für unsere Kunden, aber insbesondere auch für kleine Unternehmen?
Frank Schneider: Die Digitalisierung der Rechnungsprozesse bietet enormes Einsparpotenzial für alle Unternehmen egal welcher Größe. Einer der größten Vorteile ist die Kostenreduktion – Unternehmen können bis zu 80 % der Kosten für Papier, Druck und Versand einsparen. Gleichzeitig entfällt viel manueller Aufwand, da Rechnungen automatisch erstellt, verarbeitet und archiviert werden. Gerade für kleine Unternehmen ist das ein großer Vorteil, weil sie weniger personelle Ressourcen in die Buchhaltung stecken müssen und sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Unternehmen können bis zu 80 % der Kosten für Papier, Druck und Versand einsparen.
Herausforderungen und Umsetzung in der Praxis
Wie können Handwerksbetriebe am besten auf die E-Rechnung umstellen?
Petra Brazel: Für Handwerksbetriebe empfiehlt es sich, auf das sog. ZUGFeRD Format umzustellen. Diese Variante bietet den Betrieben eine lesbare PDF-Datei, welche elektronische Daten im Bauch trägt. Hier wird kein separates Programm benötigt, um die Daten mit dem menschlichen Auge zu lesen. Die Bereitstellung einer E-Mail-Adresse ist ausreichend für den Empfang.
Für die Erstellung von elektronischen Rechnungen können Handwerker auf ihren bisherigen Softwarepartner zugehen. Die meisten Anbieter haben ihre Tools um diese Funktionen erweitert. Es gibt aber auch zahlreiche kostenlose Tools die Handwerker nutzen können. Elster Online (die Software, die das Finanzamt zur Verfügung stellt) bietet zumindest die Möglichkeit E-Rechnungen kostenlos zu visualisieren.
Gibt es häufige Stolpersteine, und wie können sie vermieden werden?
Petra Brazel: Klar gibt es einige Herausforderungen, es müssen neue Prozesse geschaffen werden, um elektronische Rechnungen weiterzuverarbeiten. Hier ist es empfehlenswert zu Beginn alle Bereiche im Unternehmen zu beleuchten und zu analysieren, inwiefern Anpassungsbedarf besteht.
Dürfen Kunden die E-Rechnung ablehnen oder weiterhin auf Papier bestehen?
Petra Brazel: Rein laut Gesetz sind alle Unternehmen in Deutschland seit dem 01.01.2025 verpflichtet, eine elektronische Rechnung empfangen zu können. Die Übergangsregelung bezieht sich rein auf den Versand von elektronischen Rechnungen.

Glaubst du, dass die Einführung der E-Rechnung in Zukunft auf weitere digitale Finanzprozesse ausgeweitet wird?
Frank Schneider: Ja, definitiv. Die E-Rechnung ist eigentlich nur der Anfang. Wir sehen bereits in Ländern wie Italien oder Spanien, dass digitale Rechnungsprozesse oft mit anderen Finanzprozessen verknüpft werden. Ich denke, dass wir in Zukunft verstärkt Automatisierungen in der Buchhaltung sehen werden – von der Rechnungsverarbeitung über Steuerreports bis hin zur Zahlungsabwicklung - hier sind wir bei Würth bereits gut aufgestellt. Auch KI-gestützte Analysen für Cashflow-Management und Liquiditätsplanung werden immer relevanter. Die E-Rechnung schafft die technologische Grundlage für eine vollständige Digitalisierung des Finanzwesens. Ich freue mich auch darüber, dass wir als Mitglied im Forum elektronische Rechnung (FeRD) künftig die Entwicklungen im Bereich E-Rechnung und E-Beschaffung aktiv mitgestalten können.
Wie verändert die E-Rechnungspflicht das Forderungsmanagement und die Liquiditätsplanung für Unternehmen?
Frank Schneider: Die E-Rechnungspflicht wird das Forderungsmanagement und die Liquiditätsplanung spürbar verbessern. Einer der größten Vorteile ist die schnellere Verarbeitung von Rechnungen – Unternehmen müssen nicht mehr auf den Postweg warten oder manuelle Buchungen vornehmen. Das bedeutet, dass Rechnungen schneller bezahlt werden und Zahlungszyklen verkürzt werden können. Gleichzeitig ermöglicht die digitale Rechnungsverarbeitung eine genauere Liquiditätsplanung, weil Unternehmen in Echtzeit sehen, welche Forderungen noch offen sind. Auch Mahnprozesse können automatisiert werden, was das Risiko von verspäteten Zahlungen weiter reduziert. Insgesamt führt das zu einer stabileren finanziellen Situation und mehr Planungssicherheit.

Dadurch sinkt das Risiko von Zahlungsausfällen.
Ein persönliches Fazit zur E-Rechnung von Petra
Was fasziniert Dich persönlich am meisten an deinem Job?
Petra Brazel: Ich liebe berufliche Herausforderungen und gehe diese gerne an. So auch das Thema elektronische Rechnung. Die Mischung aus dem Einbringen von steuerlichem Fachwissen und Kommunikation mit verschiedensten Abteilungen und Bereichen macht meine Arbeit sehr spannend und interessant-
Möchtest Du dem Handwerk abschließend noch etwas mit auf den Weg geben?
Petra Brazel: Die elektronische Rechnung ist im ersten Schritt eine große Herausforderung für uns alle, wird uns am Ende aber enorme Vorteile bieten, die unsere Wirtschaft und jedes Unternehmen dringend benötigt.
Vielen Dank für das Gespräch, Petra und Frank!