Ladung richtig sichern: Die 5 goldenen Regeln für Spediteure und Handwerker
Zeitmangel, falsche Ausrüstung, fehlendes Wissen: Viel zu oft wagen sich Handwerker oder Fahrer von Speditionen in ihren Fahrzeugen mit unzureichend befestigter Ladung auf die Straße. Das ist unverantwortlich. Denn wer bewegliche Güter nicht so verstaut, dass sie grundsätzlich weder verrutschen noch herunterfallen oder das Fahrzeug zum Umkippen bringen können, gefährdet alle Verkehrsteilnehmer.
04/11/2018
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9 Minuten
Fehler bei der Ladungssicherung stellen ein erhebliches Risiko im Straßenverkehr dar. Schätzungen der deutschen Versicherungswirtschaft zufolge sind bis zu 40 % der Ladungen mangelhaft gesichert, was zu Schäden von etwa 500 Millionen Euro jährlich führt. Das Statistische Bundesamt berichtet von rund 1.000 Unfällen pro Jahr mit Verletzten oder Toten, die auf unzureichend gesicherte Ladung zurückzuführen sind. Korrekte Ladungssicherung könnte bis zu 20 % der Unfälle mit Nutzfahrzeugen verhindern und gleichzeitig rechtliche, finanzielle sowie sicherheitsrelevante Vorteile bieten.
Aus Sicht von Unfallforschern bedeutet das: Jeder fünfte Unfall mit Nutzfahrzeugen könnte theoretisch durch korrekte Sicherung der Ladung vermieden werden. Wie lässt sich das erreichen? Das richtige Sichern ist nicht schwer, wenn Sie als Spediteur oder Leiter eines Handwerksbetriebs unsere Tipps beherzigen. Sie tragen damit nicht nur zur Sicherheit im Straßenverkehr bei und sparen sich möglicherweise existenzbedrohende Kosten für Unfallschäden. Sie erweisen sich auch als zuverlässiger und professioneller Partner Ihrer Kunden. Und nicht zu vergessen: Sie fahren auch rechtlich auf der sicheren Seite.
Jeder, der für die Ladung verantwortlich ist, muss die geltenden Vorschriften beachten, insbesondere die VDI 2700 und DIN EN 12195. Fahrer sollten umfassende Kenntnisse in Fahrphysik besitzen, um das Verhalten beladener Fahrzeuge in unterschiedlichen Situationen einschätzen zu können.
Es ist unerlässlich, die Ladung korrekt zu sichern – selbst bei kurzen Strecken. Werkzeuge und Baumaterialien, die ungesichert auf der Ladefläche transportiert werden, können bei abruptem Bremsen gefährliche Geschosse werden. Besonders bei Pritschenaufbauten ist dies ein häufiger Fehler, der vermieden werden muss. Ladungssicherung ist Pflicht, um Unfälle und Verletzungen zu vermeiden.
Mit Newton ist nicht zu spaßen: Beim Transport von Ladegut verwandelt sich Masse in Kraft, das ist ein Naturgesetz und unvermeidbar. Beim Anfahren und Bremsen wirken Beschleunigungskräfte, in Kurven die Fliehkräfte. Diese Kräfte müssen durch die Sicherungsmaßnahmen aufgenommen und sicher über das Fahrzeug in den Boden abgeleitet werden.
Damit nicht genug. Insgesamt gilt es beim Transport vier physikalische Faktoren zu beachten, die wir hier kurz vorstellen:
Beschleunigungs- und Bremskräfte:
Beim Bremsen wirkt bis zu das 0,8-fache der Gewichtskraft der Ladung nach vorn. In Kurven sind es 0,5-fache der Gewichtskraft.
Reibung:
Antirutschmatten können bis zu 50 % der Gewichtskraft sichern, jedoch sinkt der Wert durch Feuchtigkeit oder Schmutz.
Standfestigkeit:
Die Ladung ist standsicher, wenn die Schwerpunkthöhe kleiner ist als die halbe Breite der Grundfläche.
Die Formel lautet:
Standsicherheit: bs ≥ fsq × hs
Beispiel: Eine Holzkiste (2,00 m x 0,80 m) mit 1 m Schwerpunkthöhe hat einen Abstand zur Kippkante von 0,40 m. Wenn der Standsicherheitsbeiwert (fsq) 0,6 beträgt, ist die Kiste unsicher, da 0,40 m kleiner ist als 0,6 × 1 m (0,6 m).
Sicherungskraft und Vorspannkraft:
Die Sicherungskraft (Fs) ist genau die Kraft, die über Sicherungsmaßnahmen aufgebracht werden muss. Sie berechnet sich aus den auftretenden Beschleunigungs-, Flieh- und Bremskräften abzüglich der Haltekraft durch die Reibung. Um die Vorspannkraft (STF) zu erzeugen, werden Ratsche oder Spindelspanner eingesetzt.
Was das Sichern Ihrer Ladung angeht, haben Sie die Wahl zwischen zwei Verfahren: der kraftschlüssigen oder der formschlüssigen Ladungssicherung. Im Folgenden erläutern wir die Unterschiede:
Für die formschlüssige Ladungssicherung können Sie Hilfsmittel wie Diagonalzurren, Schrägzurren, Kopf- oder Seitenschlingen mit Hebeband und Paletten nutzen. Das dadurch mögliche lückenlose Anlegen der Ladung im Laderaum heißt Formschluss. Was Sie in diesem Rahmen tun können: Ladung an der Stirnwand festsetzen oder verkeilen. Alternativ nutzen Sie Diagonal-, Schräg- bzw. Horizontalzurren, Umreifungszurren oder Kopfschlingenzurren.
Die kraftschlüssige Ladungssicherung wird als Niederzurren bezeichnet. Zum Einsatz kommen Ratsche oder Spindelspanner. Diese Zurrmittel pressen die Ladung auf die Ladefläche. Dadurch wird die Reibung zwischen Ladung und Ladefläche erhöht. Im Würth Online-Shop finden Sie einen Ladungssicherungs-Rechner mit integriertem Winkelmesser. Dieser ermöglicht es Ihnen, schnell die erforderlichen Vorspannkräfte und die Anzahl der benötigten Zurrmittel herauszufinden.
Weitere Hilfsmittel für die optimale Ladungssicherung
Mit den folgenden Hilfsmitteln sorgen Sie für noch mehr Sicherheit beim Transport Ihrer Ladung:
- Kantenschoner und Kantengleiter: Sie vermindern die Beanspruchung der Zurrmittel und verbessern die Kraftübertragung.
- Netze: Ob Sie Abdecknetze, Ladungssicherungsnetze oder Trennnetze verwenden – achten Sie immer darauf, dass diese den möglicherweise auftretenden Kräften gewachsen sind.
- Rutschhemmende Materialien (RHM): Eine Antirutschmatte kann in Verbindung mit dem Niederzurren eingesetzt werden. Mit ihrer Hilfe wird die Ladung schnell und effektiv gesichert. Beachten Sie: Die RHM müssen zwischen alle Flächen gelegt werden, die aufeinander gleiten können.
Falls Sie Lasten transportieren müssen, die keine Zurrpunkte besitzen, können diese mit einfachen Hilfsmitteln ergänzt werden. Etwa durch Rundschlingen, die als Kopflaschen eingesetzt werden. Die Rundschlingen legen Sie um das zu sichernde Ladegut, anschließend wird durch Zurrmittel mit Spitzhaken gesichert. Auch Füllhölzer oder Paletten können zur Sicherheit beitragen, indem sie zum Schließen von Ladelücken verwendet werden. Außerdem lassen sich Blockierbalken einsetzen, um Zwischenwände im Fahrzeug zu verschließen und Ihre Ladegüter so festzusetzen
Die Zurrmittel für die Ladungssicherung müssen den aktuellen Normen entsprechen:
- DIN EN 12195-2 für Zurrgurte aus Chemiefasern
- DIN EN 12195-3 für Zurrketten
- DIN EN 12195-4 für Zurrdrahtseile
Es ist wichtig, die Zurrmittel regelmäßig zu prüfen. Zurrgurte sollten vor jedem Einsatz auf Risse, Verformungen und Beschädigungen kontrolliert werden. Verschlissene oder beschädigte Gurte dürfen nicht mehr verwendet werden, um die Sicherheit zu gewährleisten.
Tipp: Regelmäßige Kontrolle
Fahrer sollten eine Checkliste nutzen, um die Gurte sicherheitsgerecht zu prüfen:
Für Zurrgurte gibt es außerdem ein paar echte No-Gos: Sie dürfen auf keinen Fall geknotet oder zum Heben von Lasten verwendet werden. Besitzt ein Ladegut scharfe Kanten oder eine raue Oberfläche, brauchen Sie unbedingt einen Kantenschutz oder Kantengleiter. Achten Sie außerdem darauf, dass die Gurte beim Zurren nicht verdreht werden. Nur dann bleibt die Ladung garantiert da, wo sie hingehört.
Bei Zurrketten gelten die gleichen Bedingungen wie bei Zurrgurten. Zusätzlich müssen Sie sicherstellen, dass die Kettenglieder nicht unzulässig verbunden werden.
Zu Beginn unseres Beitrags haben wir auf die Haftungsrisiken für Fahrer hingewiesen, die nicht ausreichend gesicherte Ladung transportieren. Mit Hilfe von Schulungen und Checklisten können Sie dafür sorgen, dass Ihre Fahrer beim Beladen alle Richtlinien beachten und stets auf Nummer sicher gehen.
Was ohnehin regelmäßig ansteht, ist die Weiterbildung Ihrer Fahrer auf Basis des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes (BKrFQG). Paragraf 5 des BKrFQG besagt, dass Fahrer mit einer Fahrerlaubnis der Klassen D1, D1E, D, DE, C1, C1E, C, CE oder gleichwertig sich regelmäßig weiterbilden müssen – und zwar alle fünf Jahre.
Die Weiterbildung dauert immer 35 Stunden, eine Ausbildungseinheit beträgt dabei mindestens sieben Stunden. Ein Teil der Weiterbildung kann im Rahmen eines Fahrertrainings oder in einem leistungsfähigen Simulator entfallen. Als Nachweis der Weiterbildung wird die befristete Schlüsselzahl 95 in den Führerschein eingetragen. Die gute Nachricht: Es gibt bei dieser Weiterbildung keine abschließende Fahrprüfung!
Der erste Schritt zur Sicherheit:
Muten Sie Ihrem Transportfahrzeug nicht mehr zu, als es vertragen kann. Das zulässige Gewicht der Transportgüter darf nicht überschritten werden.
Ist das gewährleistet, gilt es, die folgenden Anforderungen zu erfüllen:
- Lastverteilungsplan: Dieser gehört zum Fahrzeug und sollte beim Kauf mitgeliefert oder andernfalls angefordert werden. Der Plan gibt an, wie die Ladung verteilt werden muss, damit die zulässige Gesamtmasse nicht überschritten wird, die zulässigen Achslasten nicht über- oder unterschritten werden und der Schwerpunkt unterhalb der Lastverteilungskurve liegt1.
- Schutz zwischen Fahrgastzelle und Laderaum: Kastenwagen und geschlossene Mehrzweckfahrzeuge müssen mit einem Lastverschiebungsschutz ausgerüstet sein. Dieser besteht aus einer Rückhalteeinrichtung mit Zurrpunkten1.
- Belastbarkeit von Bordwänden: Bei Fahrzeugen, die 3,5 Tonnen oder mehr wiegen, gilt hier die DIN EN 12641:2007-11.
- Zurrpunkte: Laut §22, Absatz 1 der Unfallverhütungsvorschrift „Fahrzeuge“ müssen Pritschenaufbauten mit Verankerungen für Zurrmittel ausgerüstet sein. Je nach Fahrzeug gibt es Normen, die verschiedene Anforderungen an die Festigkeit und Anzahl der Zurrpunkte stellen1.
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