Gefährdungsbeurteilung: So schaffen Sie die Basis fürs sichere Arbeiten
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Dieser uralte Spruch sollte auch in der Arbeitswelt von heute ernst genommen werden, insbesondere von Unternehmern und Geschäftsleitungen.
09/30/2024
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6 Minuten
Das fordert die im Arbeitsschutzgesetz verankerte Gefährdungsbeurteilung. Wir sagen Ihnen, welche Bereiche sie abdecken muss und wie Sie vorgehen sollten, um bei der Beurteilung die rechtlichen Vorgaben sicher einzuhalten
Gefährdungsbeurteilung, Risikoanalyse, Betriebsanweisung – was ist der Unterschied?
Die Gefährdungsbeurteilung dient dem Arbeitsschutz, also in erster Linie der Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter. Die Risikoanalyse nach DIN ISO 31000:2018 ist aufs Gesamtunternehmen zu beziehen, insbesondere auf die materiellen Werte, etwa Gebäude oder den Maschinen- bzw. Fuhrpark. In der Risikobeurteilung werden Gefahren wie Reputations- oder Markenschäden, Cyberkriminalität, politische Verhältnisse oder terroristische Anschläge behandelt. Eine Betriebsanweisung regelt innerhalb eines Unternehmens den sicheren Umgang mit Maschinen, Anlagen, Betriebsmitteln oder Verfahren. Sie enthält etwa Informationen zu Sicherheitsvorkehrungen, Bedienungsanleitungen, Wartungshinweise und Notfallmaßnahmen
Wie ist die aktuelle Rechtslage und wer ist verantwortlich?
Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ist die Gefährdungsbeurteilung die „Grundlage allen betrieblichen Handelns in Sachen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“. Die rechtliche Grundlage schafft das Arbeitsschutzgesetz in Paragraf 5: „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“. Dort heißt es in Absatz 1 wörtlich: „Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.“ Aus diesem Satz geht hervor, dass Sie als Arbeitgeber beim Thema Sicherheit in der Verantwortung stehen. Sie sind also haftbar – und zwar, sobald Ihr Unternehmen gegründet ist und Sie den ersten Mitarbeiter eingestellt haben.
Aufgaben innerhalb der Gefährdungsbeurteilung können allerdings delegiert werden. Aus diesem Grund wendet sich Würth in seinen Webinaren und mit allen Informationen zum Thema nicht nur an Unternehmer. Auch Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Handwerksmeister, Techniker, Ingenieure oder andere Mitarbeiter können sich mit der Gefährdungsbeurteilung beschäftigen.
Was bedeutet die gesetzliche Vorgabe konkret?
Zur gesetzeskonformen Durchführung der Beurteilung gibt es keine Detailinformationen, weder bei der DGUV noch beim Gesetzgeber. Hilfe finden Sie bei Ihrer Berufsgenossenschaft (BG), etwa der BG Bau, oder der Unfallkasse, alternativ bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA):
Handbuch Gefährdungsbeurteilung der BauA
Außerdem bietet Würth regelmäßig Praxisseminare zur Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung an:
Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für die betriebliche Praxis
Wie setze ich die Gefährdungsbeurteilung im Unternehmen um?
Ausführliche Informationen zur Umsetzung finden sich bei Berufsgenossenschaft (BG) oder Unfallkasse, alternativ bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Es gibt sogar die Möglichkeit, die Gefährdungsbeurteilung online oder per App durchzuführen, hier ein kostenpflichtiges Beispiel.
Und hier ein Beispiel der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM), das auch Baustellen einbezieht.
Im Unternehmen können Sie sich Unterstützung suchen, unter anderem vom Betriebsarzt oder von Fachkräften für Arbeitssicherheit. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, eine Personal- oder eine Mitarbeitervertretung, müssen diese informiert und beteiligt werden.
Bei Würth finden Sie ebenfalls alle relevanten Informationen. Sie können zum Beispiel an unserem Seminar zum Thema teilnehmen. Die Inhalte: Vorgehensweise bei der Ermittlung von Gefährdungen am Arbeitsplatz, Überblick über die Grundlagen des Arbeitsschutzes und Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen anhand von Praxisbeispielen unter Berücksichtigung der rechtlichen Anforderungen.
Um rechtskonform zu sein, müssen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung sieben Schritte absolvieren.
Die 7 Schritte zur Umsetzung:
1. Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen: In Arbeitsbereiche gegliedert werden Tätigkeiten und Arbeitsplätze, bei denen die gleichen Arbeitsmittel verwendet werden. Bei der tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung werden die einzelnen Tätigkeiten der Mitarbeiter in Bereiche zusammengefasst. Diese Aufstellungen werden ergänzt durch die personenbezogene Gefährdungsbeurteilung. Sie muss erstellt werden, wenn Jugendliche im Betrieb arbeiten oder wenn es schwangere bzw. stillende Mitarbeiterinnen gibt.
2. Ermitteln der Gefährdungen: Welche Risiken oder Belastungen treten in welchem Tätigkeitsbereich auf? Diese Frage lässt sich mit Hilfe von Stellenbeschreibungen oder Anweisungen beantworten.
3. Bewertung: Die ermittelten Gefahren werden in vernachlässigbare, noch akzeptable und inakzeptable Gefährdungen eingeteilt, also in drei Risikoklassen.
4. Konkrete Schutzmaßnahmen: In diesem Schritt werden Maßnahmen definiert. Sie müssen technisch und in der Folge von organisatorischer Natur sein, auf das Verhalten der Mitarbeiter zielen oder einzelne Personen betreffen. Ziel ist es immer, die Gefahrenquellen so weit wie möglich zu beseitigen. Generell ist ein kollektiv wirksames Maßnahmenpaket zu erarbeiten, mit dem möglichst viele Mitarbeiter voll umfänglich geschützt werden.
5. Durchführung der Maßnahmen: Hier ist natürlich auch die Unterstützung der Mitarbeiter, in Form der Akzeptanz, gefragt. Sie müssen zudem Unterweisungen zu konkreten Schutzmaßnahmen erhalten.
6. Prüfen der Umsetzung: Haben Sie Gefährdungen beseitigt oder entschärft, müssen Sie sicherstellen, dass die Abstellmaßnahme umgesetzt wird. Mögliche neue Risiken nehmen Sie am besten sofort in die bestehende Beurteilung auf und führen diese umgehend durch.
7. Weiterführung der Gefährdungsbeurteilung: Kommt es zu Arbeitsunfällen, zu vermehrten Fehlzeiten wegen Krankheit, werden Arbeitsabläufe verändert oder neue Arbeitsmittel angeschafft, kann die Gefährdungsbeurteilung entsprechend einer punktuellen Gefährdungsanalyse ergänzt werden. Letztendlich ist diese in der Praxis nie beendet, sondern wird laufend weitergeführt. Das Positive daran: Die Kompletterfassung aller Risiken müssen Sie nur einmal vornehmen. Grundlegend ist eine GBU als Work in Progress anzusehen: Das Dokument muss regelmäßig überprüft werden. Passt es noch zu den aktuellen Gefährdungen? Müssen neue Gefahren berücksichtigt werden?